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Gruppe „Luz Amoi“ gab im Wiesenter Pfarrsaal ein Benefizkonzert zugunsten der Ukraine


„Luz amoi, luz amoi, ihr Madl und Buam, heart´s amol zua“: Hochkarätige Instrumentalmusik und Titel mit bayerischen Akzenten gab es beim Benefizkonzert der Gruppe Luz Amoi am Samstagabend im Wiesenter Pfarrsaal. Kurzfristig erklärten sich die Musiker bereit, auf ihre Gage zu verzichten. Der Arbeitskreis Kultur kann somit die gesamten Einnahmen an die Ukraine-Hilfe der Wörther Partnerstadt Örkeny in Ungarn weiterleiten.

Bürgermeisterin Elisabeth Kerscher begrüßte die Zuhörer und freute sich, dass der Arbeitskreis Kultur wieder Konzert anbieten kann. Ursprünglich sei zum zehnjährigen Bestehen des Sommerkellers im letzten Jahr ein Konzert mit Luz Amoi vorgesehen gewesen. Luz Amoi waren die erste Gruppe, die damals im frisch sanierten Sommerkeller auf der Bühne stand. Wegen der Corona-Situation konnte dieses Vorhaben nicht stattfinden, sondern wurde nun nachgeholt.

Die Gemeindechefin hob lobend hervor, dass sich die Formation dazu entschlossen habe, das Konzert als Benefizaktion zu starten und somit das Leid der vom Krieg gebeutelten Menschen zu lindern.

Stefan Pellmaier, Kopf der Band, bemerkte in Bezug auf das Geschehen in der Ukraine: „Wir dürfen die Hoffnung und Zuversicht nicht verlieren. Wir unterstützten die Sache sehr gerne.“ Zur Corona-Situation meinte er, dass dadurch die kulturelle Welt stark gebeutelt wurde. Das Quintett konnte nur wenige Konzerte geben und hofft, dass bald wieder Normalität einkehrt.

„Zeit holt oh, lauf ned so schnell“

In Wiesent konnte die Gruppe nur mit vier Musikern auftreten, da der Virus auch bei ihnen zugeschlagen hatte. Anfangs überlegte das Ensemble, das Konzert abzusagen, schilderte Pellmaier, aber sie wollten das Publikum und den Arbeitskreis Kultur nicht hängenlassen. Die musikalischen Beiträge der erkrankten Hackbrett- und Harfenspielerin Manuela Schwarz wurden dabei gekonnt ersetzt, so dass es den Besuchern keineswegs auffiel, dass diese Instrumente fehlten.

„Zeit holt oh, lauf ned so schnell, Zeit holt oh, i kim goa nimma mit“, sang die Gruppe und schenkte den Gästen eine Stunde Zeit für sich, mit Musik, die berührte und tief ins Herz ging. Das neue Programm heißt „Für Berta“, wobei Pellmaier im Laufe des Abends immer wieder auf Berta einging: „Hey Berta, heit besuch i di, hey Berta, heit trau i mi und frog, ob du mi heiradst.“

Der Bandleader berichtete von seiner Abneigung gegen das Skifahren, die den Ursprung hatte, dass sein Vater Skilehrer war und daher große Ansprüche stellte. Aber Pellmaier setzte sich im Kindesalter mit seinem Wunsch, nicht mehr Ski zu fahren, durch. Als er allerdings seine Frau Stefanie kennenlernte, war deren erste Frage, ob er denn Skifahren könne. Seitdem müsse er samt Kind und Kegel jedes Jahr nach Südtirol, wobei er sich bisher nicht überwinden konnte, eine sehr anspruchsvolle Skiabfahrt zu nehmen. Aus dieser Empfindung heraus entstand der Instrumental-Titel „Steilhang“, in dem die Gefühlswallungen und Herausforderung der Abfahrt eingefangen wurden.

Zwei Stücke italienisiert

Im Gegenzug besteht Pellmaier darauf, jedes Jahr den Sommerurlaub in seinem Lieblingsland Italien zu verbringen. Im „Italien-Set“ wurden die zwei Stücke „Fensterstock-Hias“ und „Einfach leb´n“ italienisiert. Pellmaier, der für das Akkordeon und Percussion zuständig war, sorgte während des Abends mit lustigen Anekdoten zwischen den Titeln für gute Stimmung im Publikum. Er brillierte an der Geige, Leadsänger Johannes Czernik wechselte gekonnt zwischen Saxofon, Klarinette, Gitarre und Gesang und Dominik Hogl brachte den Kontrabass zum Vibrieren. Im Gepäck hatte die Gruppe, die seit 15 Jahren auf Bühnen in Bayern, Österreich und Südtirol steht, melancholische Landler, treibende Polkas, jazzige Jodler, erdige Zwiefache und bayerische Lieder – die allesamt aus der eigenen Feder stammen. Dabei harmonierten Kreativität, Traditionsbewusstsein und ein moderner Stil. Beim Programm „Berta“ ist die Band wieder näher an ihre bayerischen Wurzeln angekommen und begeisterte die Zuhörer mit einer unübersehbaren Spielfreude.

Bürgermeisterin Kerscher und Eduard Ebenbeck, Sprecher des Arbeitskreises Kultur, überreichten als Dankeschön für den wunderbaren Abend und für das besondere Engagement zugunsten der Kriegsbetroffenen ein Präsent.

[Text und Foto: Sandra Meilinger, Donau-Post]

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Lena Schöberl, Johann Festner und Josef Schindler erinnerten an die Dreißigerjahre, in denen der Nationalsozialismus rasant Fuß fasste – auch direkt vor der Haustüre

Die Regensburger Straße bis hinaus zum früheren Bahnhof hieß Hitlerstraße. Der Platz vor dem Wörther Rathaus hieß Horst-Wessel-Platz, benannt nach einem SA-Sturmführer. Die Taxisstraße war die Hindenburgstraße.

Dass sich der Siegeszug des Nationalsozialmus in den Dreißigerjahren auch in der Umbenennung von Straßen und Plätzen zeigte, das sei zunächst mal nichts Ungewöhnliches, erklärte Johann Festner am Freitagabend im Bürgersaal. Eines habe ihn bei der Recherche aber doch erstaunt: der Zeitpunkt der Umbenennung. Bereits am 30. März 1933 stimmte der Marktrat Wörth für die Hitlerstraße.

Das ist insofern bemerkenswert, als im Wörther Sitzungssaal damals noch das demokratisch legitimierte Gremium aus der Weimarer Zeit tagte. Die NSDAP hatte dort eigentlich keine Mehrheit und der damalige Wörther Bürgermeister Saller war kein Nazi. Warum dann dennoch dieser frühe Kniefall vor Hitler?

„War es Angst? Oder war es vorauseilender Gehorsam? Wir wissen es nicht“, rätselte Festner.

Vom Tanzschritt zum Gleichschritt

Zusammen mit Lena Schöberl und Josef Schindler und auf Einladung von Kultur in Wörth beleuchtete Festner am Freitag im restlos gefüllten Bürgersaal (Maskenpflicht am Platz) die Dreißigerjahre. Die Wörther Hitlerstraße ist eines von Millionen Beispielen dafür, wie rasch und wie scharf in Deutschland ein völlig neuer Wind wehte. Die pulsierenden Zwanzigerjahre mit ihrer ungezügelten Lebensfreude, mit ihrer Begeisterung und Weltoffenheit, lagen ja noch gar nicht lange zurück. Doch damit war es nun vorbei. Über die Dreißigerjahre könnte man vielleicht die Überschrift „Vom Tanzschritt zum Gleichschritt“ setzen, sagte Josef Schindler.

Bei der Recherche – vorwiegend im Archiv der Donau-Post – hat Festner viele Belege dafür gefunden, wie sich der Übergang vom Rechts- zum Unrechtsstaat vollzog. Ein Beispiel ist die Ermordung des jüdischen Kaufmanns Otto Selz aus Straubing, der in NS-Hetzblättern als „Bauernwürger“ oder „Bauernpeiniger“ diffamiert wurde. Im März 1933 entführten ihn SA-Leute und erschossen ihn. Die Nazis stellten den skrupellosen Mord als völlig gerechtfertigte Bauernrache dar.

Kaum verhohlene Gewalt schon 1933

In Wörth kursierte nach dem Krieg das Gerücht, dass an dieser Mordtat der Wörther Fritz Essenwein beteiligt gewesen sei. Eine Falschinformation. Tatsächlich kamen die Mörder aus München, wie die Leiterin des Stadtarchivs Straubing im Jahr 2009 herausfand. Dennoch zeigt der Fall Selz laut Festner, wie viel sich die Nazis schon 1933 herausnahmen, wie dreist sie vorgingen – ohne Folgen fürchten zu müssen.

Ein Beispiel dafür ist auch der Wörther Marktrat Giehl, der vor der Machtübernahme bei einem Gedenkkranz der Nationalsozialisten die Bänder umgedreht und sie damit unleserlich gemacht hatte. Dafür bekam er 1933 die Quittung: Ein Trupp der NSDAP durchsuchte sein Haus und erklärte ihn als verhaftet. „Das war – wohlgemerkt – nicht die Polizei“, betonte Festner. „Das ging schon alles sehr schnell.“

Der Frage, warum dieser Wandel in Deutschland gar so flott ging, versuchte Schöberl auf den Grund zu gehen. Sie legte dar, wie Hitlers Bewegung den Staat ab 1933 fundamental umbaute. Die Braunen stellten politische Gegner kalt, zerstörten jeglichen Meinungspluralismus, schalteten die Medien gleich – auch die Donau-Post.

Festner zitierte einen Jahresrückblick, der Anfang der Dreißiger in der Donau-Post erschien. Der Ton des Artikels war zwar noch eher gemäßigt – und doch heißt es am Ende: „Wir wollen freudig den Kampf unseres Führers unterstützen. Sieg heil !“

Formal war Hitlers Machtergreifung legal, sagte Schöberl; auf dem Papier war alles rechtens. Mit den Ermächtigungsgesetzen setzte er die Grundrechte außer Kraft und erweiterte die eigenen Gesetzgebungsvollmachten ins Unermessliche.

Warum formierte sich dagegen in der breiten Bevölkerung kein Widerstand ? Schöberl hatte mehrere Erklärungsansätze anzubieten. Zunächst einmal müsse man sehen, dass die politischen Gegner untereinander zutiefst gespalten und zersplittert waren, sagte sie. Die Kraft für gemeinsamen Widerstand gegen Hitler vermochten sie nicht aufzubringen. Abgesehen von der SPD stimmten die Parteien für die Ermächtigungsgesetze – „und besiegelten damit ihren eigenen Untergang“.

Als Hauptgegner galten die Kommunisten

Festner zitierte in diesem Kontext aus einem Wahlaufruf der Bayerischen Volkspartei (BVP), der Anfang der Dreißiger in dieser Region erschien. Die BVP war eine bürgerliche und konservative Volkspartei, gewissermaßen die Vorgängerin der CSU. Sie war Gegnerin der NSDAP, und trotzdem heißt es in dem Aufruf: „Wählt die Rechtsparteien !“ Als Hauptgegner, als größte Gefahr, sah man damals im bürgerlichen Lager die Kommunisten. „Ein fataler Irrtum“, so Festner.

Auch die Kirchen setzten Hitler wenig bis nichts entgegen, erinnerte Schöberl. Wiewohl die NS-Ideologie eine allumfassende Weltanschauung darstellte und ergo dem christlichen Weltbild widersprach, hielten sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche „die Füße relativ still“.

Bedenken müsse man auch dies, sagte Schöberl: Hitler sei in sehr vielen kleinen Schritten vorgegangen, habe eines nach dem anderen umgebaut. Gleichzeitig sei das Alltagsleben der Bürger relativ normal weitergegangen, es habe keinen totalen Bruch gegeben. Die gewohnten Institutionen aus der Weimarer Republik bestanden fort, was beruhigte und Vertrauen schuf. Parallel und nebenher baute die NS-Bewegung eigene Strukturen auf.

Formen des Widerstands auch in der Region

Doch obwohl die breite und offene Opposition gegen Hitler ausblieb: Auch in der Region gab es sehr wohl Gegenwind. Festner nannte als Beispiel die Wörtherin Maria Papp, die eine katholische Mädchengruppe anführte und Wallfahrten unternahm. Die NS-Machthaber gingen gegen sie vor, erließen Verbote, beäugten jede Handlung scharf und beschlagnahmten Fahnen. „Die haben sich vor kleinen Mädchen gefürchtet“, betonte Festner. Papp ließ sich davon aber kaum beeindrucken, sie setzte die Aktivitäten unbeirrt fort. „Sie hat den Mädchen einen anderen Lebensweg aufgezeigt als den des Nationalsozialismus“, sagte Festner – „für mich ist das eine Form des Widerstands.“

Auch der Wiesenter Pfarrer Tiberius Burger ließ sich von der neuen Bewegung nicht vereinnahmen. Bei einem Aufmarsch weigerte er sich, die Hakenkreuz-Fahne zu grüßen. Er machte nicht, was alle machten. Das hatte Folgen, er kam vor ein NS-Gericht.„Die Wiesenter haben nach Burger eine Siedlung benannt“, sagte Festner. „Sehr zurecht !“


[Text: Simon Stadler, Donau-Post; Foto: Verfasser unbekannt]

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Sara Brandhuber, niederbayerische Wortkünstlerin, bewies an diesem Abend, dass ihr der Dialektpreis des Freistaates Bayern zurecht verliehen wurde. Mit ihren tiefsinnigen, zugleich heiteren bis frechen Wort- und Gesangsspielen baute sie schnell mit dem Publikum eine lockere, fröhliche Atmosphäre auf.

in jeder Situation "Gschneizt und kampelt" besingt sie alle möglichen Lebensphasen, jeder im Publikum konnte sich in einem oder mehreren ihrer Lieder wiederfinden, unter anderen in existenziellen Themen, beispielsweise, wie man möglichst gschmeideig alt werden kann, warum sich eine guade Brotpfann oiwei lohnt, warum einem eine Schnittschutzhosn manchmal im Leben auch nicht weiterbringt, oder wieso es manchmal einfach „hint häha wia vorn“ wird.

Mit kräftiger Stimme in sicheren Tonlagen und ausdrucksvoller, abwechslungsreicher Gitarrenbegleitung eröffnete die Künstlerin mit ihren kabarettistischen Liedern das kulturelle Jahr 2022 von "Kultur am Höllbach" unter begeistertem Applaus.

(Text: Daniela Eigenstetter, Bild: Alois Hamperl)

 

 

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Könnte sein, dass wir sie nicht mehr benötigen. Aber das haben wir uns schon öfters gedacht und lagen dann falsch. Deswegen werden wir die Aufkleber aufbewahren.

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Drei schaurig-spannende Kurzgeschichten las der Regensburger Schriftsteller Rolf Stemmle am Sonntagabend im Wörther Bürgersaal. Begleitet von Marion Weickl an der Querflöte und Sven Ochsenbauer am Flügel genoss das zahlreiche K.i.W.-Publikum mit etwas Gänsehaut einen gelungenen Halloweenabend.

„Wie der Horror in den Alltag kommt“ – an sich braucht es da kaum noch Fiktion, möchte man angesichts Klimawandel und Pandemie meinen. Aber weit gefehlt: Es gibt immer noch auch den anderen, den wohligen Grusel, von dem man nicht unmittelbar betroffen ist, und der uns so das triste Nebelgrau zum leuchtenden Kürbisgelb erhellt. Stimmungsvolle Musik dazu, und schon kann’s losgehen.

Stemmle begann mit dem „Waller“, einer Art Donau-Moritat, in der der Angler Andi nach und nach damit konfrontiert wird, dass sein früherer Freund, der Theo, den letzten Streit am Wehr vielleicht nicht überlebt haben könnte. Wo war er in dieser finsteren Herbstnacht, über die jetzt alle im Dorf spekulieren, auch seine große, unerreichbare Liebe? Und während er so auf seinem Boot sitzt und geduldig einem Waller nachstellt, wird ihm immer klarer, dass es für ihn wohl keinen Ausweg gibt. Da beißt er, der mächtige Fisch, zerrt heftig an der kräftigen Angelrute und gibt ihm eine mögliche Richtung vor ...

[Text Franz Nopper; Bild Johann Festner]

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In der Kulturwissenschaft ist in den letzten Jahren erfreulicherweise die ländliche Kultur stärker in den Fokus gerückt. Aber es wird immer noch in Schubladen eingeteilt. Hochkultur ist Großstadt, Breitenkultur ist Land. Das ist natürlich Quatsch. Man muss nur in die Großstädte schauen. Auch dort gibt es Breitenkultur wie Gesangsvereine, Bauerntheater, Volkstanz usw. Und genau so gibt es die Hochkultur auf dem Land. Dabei wird natürlich das 60-köpfige Symphonieorchester immer die Ausnahme bleiben, aber das Konzert vom vergangenen Samstag bei KiW mit Ivana Bilej Brouková (Sopran) u. Monika Knoblockova (Cembalo) darf durchaus dieser Kategorie zugerechnet werden.

Lagrime Mie hieß das Programm und die beiden Künstlerinnen trugen überwiegend Kompositionen aus der Renaissance vor.

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Ein bisschen sind Flez Orange ja das Phantom der Wörther Kulturszene: Vier Jahre lang mussten die Wörther auf die Gruppe warten. Noch vor Corona sagten sie ihr Konzert im Bürgersaal erstmals ab: Der Hörsturz eines Bandmitglieds war damals schuld. Dann kam Corona und die große Unsicherheit – am Samstagabend waren sie dann endlich da. Laut Aussage von Matthias Klimmer (Klarinette, E-Gitarre, Gesang), dem Conferencier der Gruppe, sei es das sogar das erste Konzert seit Pandemiebeginn.

Als ob es keine Pause gegeben hätte

Das merkte man Flez Orange allerdings kaum an: Die fünf Musiker klingen vom ersten Stück an eingespielt, als ob sie gestern erst eine größere Tour beendet hätten. Flez Orange gibt es allerdings mittlerweile schon seit 21 Jahren. Man kennt sich also ganz gut.

Klimmer und seine Kollegen Veronika Keglmaier (Geige), Akkordeonist Stefan Fußeder, Jochen Rössler am Bass und Maximilian Maier (Schlagzeug, Ukulele) wirken auf der Bühne tiefenentspannt – lachen aber auch viel. Es wirkt, als hätte das Endlich-Wieder-Auftreten geradezu therapeutische Wirkung auf die Musiker.

Violinistin Keglmaier blickt mit einem Augenzwinkern auf die spielfreie Zeit zurück: „Mei haben wir Zeit gehabt. Ja, da haben wir bei uns Seiten entdeckt, von denen wir gar nicht wussten, dass wir sie haben.“ Die neu gelernten Zauberkunststücke und Jonglage-Einlagen präsentierte man dem Publikum im Stück „Zirkus“ – und natürlich gingen sie herrlich schief. Flez Orange, sollte uns das vermutlich sagen, bleibt bei der Musik.

Zauber der ganz eigenen Klangfarbe

Im Klang bedienen sie sich bei der Volksmusik ebenso, wie in verschiedenen Spielarten des Jazz, im Klezmer, dem französischen Chanson und in der Rockmusik. Dadurch entsteht eine ganz eigene Klangfarbe: „Erzlisch willkommen“ verbindet Walzer und französische Straßenmusik. Das Stück „Dandan Oilik“ kommt mit der Geschwindigkeit einer rumänischen Fanfare – einer sehr schnell spielenden Blasmusikkapelle – daher und verwebt in diesen fliegenden Teppich aus Klang noch gleich Klezmer und Elemente der bayerischen Volksmusik mit. Das alles spielt Flez Orange mit einer nonchalanten Brillanz, die schon fast frech wirkt.

„Dandan Oilik“ ist auch ein gutes Beispiel für ein wesentliches weiteres Element von Flez Orange: Die absurden Geschichten Klimmers, gerne eingeleitet mit dem Satz: „Das können Sie gar nicht wissen ...“. Dandan Oilik, sagt Klimmer, sei der Name eines von Sand verschütteten Ortes in der Wüste Takla Makan, wo die Wanderdünen so schnell seien, dass sie die Bewohner einfach überraschen. „Die waren auf einem Fest eingeladen, haben Fenster und Türen aufgelassen und waren schon verschüttet, als sie heimkamen.

“Flez Orange habe die Ortschaft dann entdeckt und zum zehnjährigen Jubiläum der Wiederausgrabung einen Marsch geschrieben, „der recht flott ist, weil die Menschen da wegen dem Sand recht schnell gehen müssen, aber trotzdem nicht weit kommen.“ Das Publikum dankt diese Ansprachen mit herzlichem Gelächter unter den Masken.

Leichtigkeit und Schwere

Selbst ein melancholisches Stück mit einem schweren Thema wie „Lethargie“ gerät Flez Orange durch den mehrstimmigen Gesang leicht, wie der ebenfalls besungene „Waldwind“. Doch die Leichtigkeit hat Grenzen: Darüber, dass das Publikum den ganzen Abend lang eine Maske tragen muss, kann man halt nicht ganz hinwegspielen.

Beim Stück „Kramer Annemierl“ merkt man außerdem, dass das Publikum ja gerne tanzen, sich zur Musik bewegen wolle. Aber es half alles nichts, denn es hat sich – frei nach Karl Valentin – nicht dürfen getraut: Da die Karten nicht verfallen sollten, mussten die 3G-Regeln eingehalten, Masken aufbehalten und das Tanzen unterlassen werden.

Im Stück „Maskenball“ verarbeiten sie auch die aktuellen Geschehnisse. „Es beschäftigt sich mit der Frage, wie trinke ich eine Tasse Tee, wenn ich in einem Konzert sitze, bei dem ich eine Maske aufhaben muss“, sagt Schlagzeuger Maier. In der rockigen Nummer fühlt man sich an das Anfangs-Gitarrenriff von „Eye of the tiger“ der Band Survivor erinnert – nur hebt der Song danach eben gerade nicht ab, bleibt also quasi hinter der Maske verborgen.

Feine Ironie, mit der Flez Orange der Musik, sich selbst, dem Leben und auch dem Publikum begegnet. So können wohl nur sie tatsächlich den Schlager der Sechziger- und Siebzigerjahre fern von Schlagerparty und Bierzelt wieder aufleben lassen: Jacqueline Boyers „Mitsou“ ist dafür ein Beispiel, wie auch die herrlich schmalzig eingespielte Vicky Leandros-Schnulze „Ich liebe das Leben“ als Abschiedslied.

Der langanhaltende Applaus hätte die Gruppe am Ende fast sogar noch zu einer zweiten Zugabe bewegt. Da bleibt es nur zu hoffen, dass es nicht wiederum vier Jahre und mehrere Absagen lang dauert, bis Flez Orange wieder nach Wörth kommen.

[Wolfgang Karl, Donau-Post]

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Alles Leben fängt im Wasser an und auch in Zukunft wird es uns beschäftigen. Man kann Respekt davor haben, Angst sogar, aber genauso seine helle Freude damit. Und wenn Josef und Josef, die beiden Stadtwanderer, mit Humor und Hintersinn das Thema „wörthlich“ angehen, dann wird ein echtes Ereignis draus.

Am Sonntag war’s wieder mal soweit: Kultur in Wörth hatte zusammen mit Josef Schütz und Josef Schindler auf den Parkplatz des Hallenbads im Gschwelltal geladen, an die Tür zum Paradies, wie der Lauf des Perlbachs im Volksmund auch heißt. Von dem enormen Interesse, fast 100 Wanderer in wetterfestem Gewand müssen es gewesen sein, waren nicht nur die Organisatoren überrascht. So gut wie gewiss war indes, dass auch die vielen Regenschirme zum Einsatz kommen würden. Aber das passte ja zum Thema – und schon ging’s los.

Der „kleine Polder“ ist eine Erfolgsgeschichte

Josef Schütz, der vor seinem Bürgermeisteramt als Gewässerberater des Landschaftspflegeverbands tätig war, führte die Wissbegierigen entlang des alten Trimm-Dich-Pfads zu dem vor wenigen Jahren angelegte Regenrückhaltebecken oberhalb der Sportanlagen. „Wasser ist Leben, kann aber auch den Tod bedeuten“, griff er gleich zwei der dringendsten Fragen unserer Zeit auf: Die wachsende Gefahr von Sturzfluten durch Starkregen und zugleich der Verlust von Lebensräumen und Artenvielfalt durch Bebauung und Flächenversiegelung. „Viele Fliegen mit einer Klatsche“ könne man mit solchen dezentralen Rückhaltebecken schlagen. „Der kleine Wehrdamm hat fast nichts gekostet aber viel gebracht. Bei Starkregen hält er Wasser zurück und gibt es langsam ab. Sauberes Wasser, das keine Schäden anrichtet, anders als die Flutwelle im großen Polder. Der Retentionsraum ist gleichzeitig ein Biotop, wo sich Biber, Eisvögel und Amphibien angesiedelt haben. Man muss die Fläche einfach sich selbst überlassen."

Nicht aus dem, sondern in das Paradies vertrieben

Mehr oder weniger sich selbst überlassen waren über Generationen lang auch die Wörther Kinder, die dadurch vielfältige Bindungen zur Natur des Paradieses mit all ihren Facetten aufbauten. Sepp Schindler berichtete aus seinen Memoiren „Saupech und Schweineglück“ unter anderem davon, wie er als Bub im Thurn&Taxisschen Wald Brennholz für den Winter sammeln musste. Eine Schwerstarbeit „im Schweiße meines Angesichts“, die mehr eine Vertreibung ins Paradies darstellte als aus demselben heraus – was für ein Paradox für ein ansonsten frommes Kind. Oder wie der Stadler-Lehrer ihn und die restlichen Buben vom neuen Schulhaus aus den bergigen Pfad hinauf zum Sport antrieb – preußisch-kriegsverherrlichendes Liedgut schmetternd, das man heute schwerlich noch guten Gewissens rezitieren kann. Auch das: wenig paradiesisch.

Keuschheit beim Baden: „Eher blöd als heilig“

Im Paradies lauert bekanntlich auch die Versuchung und die begegnete dem Sepp als jungem Burschen, der die Lektüren des Priesterseminars gerade mit Che Guevaras Lehren getauscht hatte, in Form eines „langhaarigen Wesens“. Als die junge Frau ihn bat, ihr den Rücken mit Sonnencreme zu salben, wurde es ihm zu viel – war er doch als einst frommer Seminarist im Umgang mit dem anderen Geschlecht mehr als ungeübt. „Mich in eine Dornenhecke zu stürzen, erschien mir übertrieben.“ Er lief also davon, gab vor, in der größten Sommerhitze einen Trainingslauf zu machen – natürlich hatte das Mädchen da keine Lust, auf ihn zu warten. Und so kam der Sepp allein zurück, „eher blöd als heilig“.

So funktioniert die Klimaanlage Wald

Von Regenschauern und grellem Sonnenschein gleichermaßen unbeeindruckt, bahnte sich die Karawane in Funktionskleidung ihren Weg hinauf zum Hochberg, wo Schütz mit erstaunlichen Fakten für den raschen Waldumbau als Antwort auf den Klimawandel warb. Etwa eine Million Liter Wasser könne ein Hektar intakter Wald am Tag verarbeiten, wobei besonders Laubbäume auch über ihr Blattwerk Luftfeuchtigkeit aufnehmen, was auch die im Wasserdampf transportierte Hitze mildert. „Man merkt das ja gleich, wenn man an einem heißen Tag in den Wald geht, dass es da frisch und kühl ist. Deshalb sind Bäume und Wälder für die Städte so wichtig. Leider weiß niemand, nicht mal die Förster, wo die Reise hingeht. Bestimmt werden wir aber bald viele neue Baumarten sehen.“

Unser wichtigstes Lebensmittel ist bedroht

Eine weitere Station war der städtische Trinkwasserspeicher, wo die Wasserwerker Alfons Ebner und Florian Aumer spannende Infos zum täglichen Wasserverbrauch der gut 5000 Einwohner parat hatten. Wasser hat Wörth derzeit mehr genug, die Donauebene bei Giffa ist da anders als manches Vorwaldtal nahezu unerschöpflich. Nur das Nitrat muss man im Auge behalten: Durch Mischung des Wassers mehrerer Brunnen habe man derzeit etwa 38 Milligramm Nitrat je Liter, das ist gut unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Wenn jedoch der Polder Wörthhof gebaut und geflutet wird, könnten Salze und Öle in das jetzige Trinkwasserschutzgebiet sickern, eine reale Bedrohung für das wichtigste Lebensmittel der Stadt. „Das ist auch der Grund, warum wir weiter mit allen Mitteln gegen den Polder kämpfen werden“, versprach der Bürgermeister. Und so ging der Weg weiter – mit einem selbst bei Regen grandiosen Blick über Schlossberg und Donauebene zurück hinunter vom Hochberg zur Schule.

Wie der Sepp im Zinkwandl unterging

Da schloss Sepp Schindler den Reigen mit einer Anekdote darüber, wie er als etwa Dreijähriger in einer Zinkwanne auf dem Küchentisch gebadet wurde. Damals war es so üblich – ein Badezimmer hatten nur Millionäre – und auch die Seife war mehr eine ätzende Lauge, die dem Kleinkind schmerzhaft in den Augen brannte. Mutter und Schwiegermutter gerieten nun darüber in Streit, ob es denn nötig sei, den Buben mit so übertriebenem Sauberkeitsfimmel zu martern – und verloren darüber den kleinen Sepp aus den Augen. Gerade rechtzeitig fischten sie den untergegangenen Buben noch aus dem Wandl, leiser wurden Geheul und Schuldzuweisungen damit eher nicht...[...]

[Text: Franz Nopper, Donau-Post; Bild: Johann Festner]

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