Reimars Glück und Ende
von Gabriele Hollschwandner
Fantastische Premiere einer Ritterkomödie
Man schrieb das Jahr 2016 n. Chr., als Dutzende Bewohner des Orts Brennberg und umliegender Provinzen von einem kleinen, vorwitzigen Übermut befallen wurden. Es übermannte sie die Lust darauf, eine Komödie zum Besten zu geben. Nicht nur gewöhnliche Bürger, Mannsbilder und Weiber, nein, auch hochgestellte Persönlichkeiten bis hin zu Rat und Magistrat lernten ellenlange Textpassagen, ließen sich vom plärrgoscherten Münchner Maestro ordentlich zwiebeln, übten neckische Posen ein und warfen sich in prächtige Kostüme, auf dass die Burgfestspiele trefflich geraten sollten. Und das taten sie.
Wie kommen erwachsene Männer dazu, bunte Strumpfhosen und spitze Schnabelschuhe anzuziehen und eidotterfarbene Mützen aufzusetzen? Was veranlasst seriöse Gemeinderätinnen, als Kammerjungfrauen höfisches Gehabe an den Tag zu legen? Und warum in aller Welt setzt sich der Pfarrgemeinderatsvorsitzende einen Turban auf, um als Marktschreier Orientreisen anzupreisen? Die pure Lust am Spiel ist der Grund dafür, dass „Audette, Babette und Lisette“, „Judithe, Brigitte und Marguerite“, „Aimée, Zoé und Chloé“, „Hortense, Florence und Solange“ in höfische Gewänder schlüpfen. Unter Schleiern und Schapeln kichern und tuscheln sie, was die Kinnbinde hergibt.
Am Hof zu Wien beginnt das mittelalterliche Minne-Spektakel, um im zweiten Akt gewaltig an Fahrt zu gewinnen, denn da wird der Burghof zum Pariser Markt und die Bühne zur Brasserie. „Chercher la Femme, Toujour l’amour“ – Hier nimmt man das Leben leicht. Ritter Reimar wird von der liebeslustigen Ninette gleich mit den französischen Sitten vertraut gemacht.Mit kokettem Augenaufschlag zeigt sie Dekolleté, Strumpfband und Leidenschaft, lockt und gurrt, seufzt, schmeichelt und schmollt so verführerisch, dass sich der Sänger von ihr gern in den Künsten der „niederen“ Minne unterweisen lässt. Wo man Château Plümmrol aus Goldenen Kelchen schlürft und in lilienbemalten Zubern badet, regiert nun mal die Lebenslust.
Kein Wunder also, dass sich Reimar vom unbedarften Gitarrenklimperer zum weltgewandten Geheimagenten in modischen Beinlingen mit dreiflammiger Schamkapsel mausert. Herrlich unbekümmert springt die Handlung munter von intimen Liebesszenen zu neuzeitlichen Baumarkt- Episoden. Ungeniert wird Brennbergs Kulturausschuss genauso frech auf die Schippe genommen wie die Aversion der Franzosen gegenüber den Angelsachsen.
Der muntere Spielansager turnt deklamierend hoch oben in den Burgmauern herum, bevor er sogar selbst in die Handlung eingreift. Nach grotesken Wendungen folgen Happy Ending, Applaus, Gratulationen – die Premierenfeier im Burgkeller soll sich hingezogen haben.