Raumanzug unterm Unterhemd

Raumanzug unterm Unterhemd

von (Kommentare: 0) Artikel von Gerlinde Fink – Donau Post, Dienstag, 30. Oktober 2018

Christian Springer gastierte am Freitag in Brennberg und begeisterte Besucher aus Nah und Fern mit seinem neuen zweistündigem Programm „Alle machen, keiner tut was“.

Brennberg. (gf) „Er hat mir dieses Mal noch besser gefallen als vor zwei Jahren !“, so das Fazit eines Besuchers. Wenngleich es deutlich weniger Besucher beim „Springer-Abend“ als damals waren, erlebten diese einen tollen und rasanten Abend mit vielen Spitzen gegen „die da oben“, aber auch einen versöhnlichen Blick.
„Mir hat es damals schon bei euch gefallen, wie auch heute, und wenn Brennberg dann einen Raumfahrtbahnhof bekommt, ladt’s mich bitte wieder ein“, scherzte der Kabarettist Christian Springer in Brennberg. Denn irgendwohin muss ja der Raumflughafen hin, so Springer frotzelnd angesichts des neuen Raumfahrtprogramms der bayerischen Staatsregierung.
Ja, auf die CSU hat er sich eingeschossen, wenngleich Springer seinen Abend in der Brennberger Turnhalle mit einem Witz über das Publikum begann: „Na, na, na. Was habt’s ihr da wieder z’sammg’wählt!“ Natürlich würde er die CSU am liebsten zum Mond schießen, aber das sei gar nicht mehr notwendig: „Schließlich machen’s das jetzt selber !“ Klar, dass Markus Söders Raumfahrprogramm „Bavaria One“ auch von Springer in allen Facetten ausgemalt und verrissen wurde. „Es gibt jetzt einen Air- and Space-Coordination Officer. Früher war des einfach da Wirtschaftsminister !“ Doch wie passt jemand wie der Pschierer in ein Raumfahrzeug ? Wahrscheinlich trägt er den Raumanzug schon unterm Unterhemd, frotzelte Springer weiter. „Wohnungen hamma ned, oba zum Mond flieg’ ma rauf !“ Trotz all seiner Kritik liebe er Bayern und sei auch durch und durch ein Bayer. Gerade deswegen müsse man auch kritisch mit der Regierung umgehen. Auf seinen 80-seitigen Brief an den damaligen Ministerpräsidenten Seehofer eingehend, erzählte Springer, dieser habe bei einem kürzlichen Treffen gefragt, warum er denn an Söder noch keinen verfasst habe. Aber das habe er natürlich nicht mitbekommen, denn ihn hams „davong’haut, nach Berlin. Bis er seine Heimat wiedersieht, so vielleicht die Hoffnung der Nachfolger, kann er sich direkt in Regensburg in seine Vitrine ins Haus der Bayerischen Geschichte stellen.“ Skeptisch bewertet Springer die Aussage Seehofers, Söder sei das Beste, was Bayern zu bieten habe. „Wenn des so ist, dann wander ich aus, nach Nordkorea !“ Habe man sich früher als Kabarettist noch lustige Sache einfallen lassen müssen, müsse man heute nur mehr erzählen, was „die da oben“ so treiben. „Die machen jetzt Kabarett !“ Kritisch geht Springer auch mit Söders Kreuzerlass um, und ihm stünde dies als einem von insgesamt nur mehr drei katholischen Kabarettisten auch zu. „Das Problem: Das kommt nicht vom Herzen – und das regt mich auf.“ Springer regt sich an diesem Abend noch viel auf und die Besucher danken es ihm mit viel Applaus und Gelächter von Anfang bis Ende. Von der Wohnraumproblematik bis in die USA, von den Stahlarbeitern und richtigen Männern am Grill, von Werten bis zu geheimen Plänen der Staatsregierung hinsichtlich der Obergrenze bei Touristen, vom Diesel-Abgasskandal bis zu den Chinesen erstreckt sich sein Programm, das mit dem Titel „Alle machen, keiner tut was“ aber auch Mut macht. Mut, aufzustehen und nicht alles hinzunehmen. Im zweiten Teil seines Programms wird er dann auch nachdenklich: Er erzählt ein Märchen aus dem Orient und er bedankt sich am Ende auch bei der CSU. Denn durch seine Hilfsorganisation wird auch eine Zusammenarbeit mit der Staatsregierung möglich, wo man Hand in Hand ein Werkshaus für Buben und Mädchen eröffnete, gefördert von der bayerischen Staatsregierung. Hier verbringen die Flüchtlinge nicht nur Jahre im Exil, sondern können auch ein Handwerk erlernen. „In Sichtweite der syrischen Grenze geht das“, so Springer, „zu Hause ist dann wieder jeder in seiner Profession unterwegs.“ Dennoch ist Springer auch dankbar. Dankbar, hier zu leben, dankbar, diesen Beruf ausüben zu können, was in vielen anderen Ländern auf der Welt nicht ginge: ein unglaubliches Gut, die Demokratie. Und er bat die Besucher auch um Erlaubnis, vom Libanon zu erzählen. Einem Land, in dem vier Millionen Einwohner leben und 1,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen wurden. Jedoch zieht sich die Weltgemeinschaft immer mehr aus der Hilfe für das Kriegsgebiet zurück und es fehlt an allem. Was vielen nicht klar sei: Syriens Staatschef sei gar nicht bestrebt, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen: Bei 40 000 bis 50 000 Anträgen auf Feststellung der Staatszugehörigkeit erhielten bislang 68 Personen Ersatzpapiere und durften zurück in ihr Land. Dort ist jedes vierte Haus zerstört und Präsident Assad betonte jüngst, er könne sich das Land auch mit zehn Millionen Einwohnern vorstellen. Einst waren es 22 Millionen. Mit seinem neuen Büchlein „Wir müssen Freiheit aushalten“ empfahl Springer sich an den Autogrammtisch, jedoch nicht, ohne auch wieder allen Mut zu machen: „Angesichts der vielen Ungerechtigkeiten bin ich aber nicht frustriert, höchstens wütend.“ Und auch im Libanon, wo er regelmäßig ist, gibt es wie auch in seinem Leben und seiner Familie viele Menschen, die trösten. „Und wissen’s, einer lacht immer.“ Mit der skurrilen Geschichte von der Mimose und dem Kampf um Lieder bei seiner Zugabe machte er allen Mut, wirklich zu machen.

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