Maurerkelle und Spaten statt Pinsel

Maurerkelle und Spaten statt Pinsel

von (Kommentare: 0) Dr. Christoph Steinmann referierte über Archäologie in Wörth, Wiesent und Pfatter

Was bleibt von denen, die vor uns da waren ? Dr. Christoph Steinmann, stellvertretender Referatsleiter für die Oberpfalz am Landesamt für Denkmalpflege (BLfD), hielt am Mittwochabend im Bürgersaal einen Vortrag über Bodendenkmäler in Wörth, Wiesent und Pfatter. Er stellte außerdem die Arbeit seiner Behörde genauer vor.

Was ist ein Bodendenkmal überhaupt ? Einfach gesagt: Alles Mögliche, solange es unter der Erde liegt. In Bodendenkmälern können Gebäudereste, Knochen oder Gegenstände zu finden sein, von der kleinesten Feuersteinscherbe bis zur ausgewachsenen Befestigungsanlage. 49 000 davon sind derzeit in Bayern bekannt, immerhin 107 davon befinden sich in Wörth, Wiesent und Pfatter. Eine Aufgabe des BLfD ist es, diese Bodendenkmäler zu schützen. Am einfachsten gehe das, indem man sie dort lasse, wo sie sind: „Wenn eine Mauer unter der Erde 5 000 Jahre ausgehalten hat, dann tut sie das auch die nächsten 500.“Will aber jemand dort bauen, wo ein Bodendenkmal ist oder vermutet wird, begleitet das BLfD die Grabungen, um das Denkmal zu konservieren. Dabei komme übrigens der Pinsel gar nicht so oft zum Einsatz. „Die Maurerkelle ist neben dem Spaten das wichtigste Werkzeug“, sagte Steinmann. „Sie stehen da oft im Schlamm, was wollen Sie dann mit einem Pinsel ?“

Ausgrabungen sind „gar nicht so teuer“

Fundstücke werden wenn möglich mitgenommen, ansonsten fotografiert und abgezeichnet. Nichts dürfe vergessen werden: „Wenn die Grabung vorbei ist, ist die Fundstelle zerstört.“ Wer auf einem solchen Grundstück bauen wolle, müsse die Ausgrabungen finanzieren. Das sei gar nicht so teuer, sagte Steinmann: „Die Kosten liegen bei fünf bis sechs Euro pro Quadratmeter“, also meist etwa einem Prozent der Bausumme.Um festzustellen, ob auf dem entsprechenden Gelände Bodendenkmäler zu finden seien, gebe es verschiedene Möglichkeiten. Auf Luftaufnahmen zeigten sich beispielsweise die Spuren von Gräben und Mauern, die unter der Humusschicht verborgen seien. In Getreidefeldern erscheinen die Gräben grüner, da dort die Wurzeln tiefer reichen und die Pflanzen mehr Wasser bekommen. Über Mauerresten trocknet das Getreide dagegen schneller aus.

Das Alter der Geislinger Drillinge bleibt ein Rätsel

Ein Beispiel für solche aus der Luft sichtbaren Fundstellen seien die Geislinger Drillinge, drei eng benachbarte, viereckig eingezäunte Anlagen. Ihr Alter sei unbekannt, sagte Steinmann. Für Höfe aus der Zeit von 800–500 vor Christus wirkten sie zu unregelmäßig, es könne sich aber durchaus auch um kleine Befestigungen aus dem Dreißigjährigen Krieg handeln. Da sie nicht ausgegraben wurden, könne ihr Alter nicht bestimmt werden. Bei Bodendenkmälern, die unter Äckern liegen, können direkt nach dem Pflügen Stücke von Tongefäßen und andere Gegenstände entdeckt werden. Oft sei dabei auf den ersten Blick schwer zu sagen, von was für einem Gegenstand eine Scherbe stamme. Bei einer genaueren Untersuchung gibt es aber durchaus Hinweise. So zeigen manche Feuersteinscherben den sogenannten Sichelglanz: Mehrere Scherben wurden in eine Geweihsprosse eingebettet und dienten zur Getreideernte. Je länger ein Stein so eingesetzt wurde, desto abgenutzter und speckiger wurde seine Schnittfläche. Bei Scherben von Tongefäßen finde man nur mit sehr viel Glück zueinander passende Stücke, was die Rekonstruktion erschwere. Einen beim Pflügen aufgetauchten Fundgegenstand, einen gut erhaltenen steinernen Axtkopf, ließ Steinmann im Publikum herumgehen. Der Kopf wurde auf einem Feld bei Dietersweg gefunden. Ihn zu bearbeiten, dürfte laut Steinmann lang gedauert haben: etwa 20 Stunden, um ihn in Form zu schleifen, und noch einmal acht Stunden für das Loch. Wo Bäume die Sicht auf den Boden versperren, kommen andere Technologien, zum Beispiel ein fliegender Laserscanner zum Einsatz. Er spürt Unregelmäßigkeiten im Erdreich auf einen halben Meter genau auf. Unter anderem sei so eine eisenzeitliche Befestigung auf einem Hügel gefunden worden, die später, zur Zeit der Hunneneinfälle, durch zusätzliche Mauern verstärkt wurde. Diese waren senkrecht zur eigentlichen Mauer gebaut worden, um die berittenen Bogenschützen der Hunnen davon abzuhalten, im Vorbeireiten Pfeile nach innen zu schießen. Ein interessanter Fall sei der Burgstall Neuhaus nördlich von Dietersweg. Dabei handle es sich um eine nicht fertiggestellte Burg, eine mittelalterliche Baustelle sozusagen. Besonders sei der Burgstall deswegen, weil die ursprüngliche Form noch erkennbar sei, statt sich durch Anbauten in späteren Jahrhunderten verändert zu haben. Eine OTH-Studentin habe ihre Masterarbeit über die Grabung am Burgstall und deren Vorbereitung geschrieben. In diesem Fall sei durch Quellen klar gewesen, dass sich dort eine unfertige Burg befinden musste, deren Bau Anfang des 13. Jahrhunderts eingestellt worden war. Lasermessungen zeigten einen unregelmäßig viereckigen Grundriss, der sich an der Hügelkuppe orientierte. Ein Halsgraben sollte den Zugang an der flacheren Hügelseite erschweren. Bei einer zweitägigen Grabung legten die Archäologen Reste der Mauern frei. Sie schafften es sogar, das damalige Bodenniveau zu ermitteln: Die Mauern waren unterhalb einer bestimmten Höhe nicht mehr sauber verfugt worden. „Da hätte sie niemand gesehen, also warum sich die Arbeit machen ? Menschen sind nun mal faul“, schmunzelte Steinmann.
[Donau-Post, Eibl]

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