Liliom - Dreiecksgeschichte im Jahrmarktsmillieu

von Gabriele Hollschwandner

Das „Straßentheater“ von Mario Eick präsentierte die Oper „Liliom“ im Burgstadel

Artikel von Gerlinde Fink – Donau Post – 05.08.2025

Brennberg. (gf) Kaum 50 Gäste haben die Abendvorstellung mit der tragikkomischen Straßenoper „Liliom“ am Freitagabend besucht. Die Abendvorstellung war sozusagen Teil des Pakets vom Theater für die Jugend aus Burghausen, das bereits nachmittags Kinder und Familien erfreute.

An sich sind die Kulissen des „Straßentheaters“ von Mario Eick viel größer. Ein Aufbau von etwa zehn bis 15 Metern samt Stapelstühlen befindet sich im roten Transporter mit Anhänger. Der bleibt aber unausgepackt, denn aufgrund  des Wetters wurde im Burgstadel gespielt und so brauchte es etwas Fantasie der Zuschauer, um sich in den Vergnügungspark hineinzuversetzen.
Mario Eick verstand es bestens, die Fantasie zu bedienen und die Gäste ins Stück mit einzubeziehen. Das Abendstück selbst hatte es dann doch in sich: teils tiefgründig, teils verstörend mit nicht immer sofort einleuchtenden Szenen. So wirkt das Stück nach und die tiefgründigen Dialoge und Gedankenfetzen regten zum Nachdenken an.
Der Casanova verliert seine Anziehungskraft Liliom ist Ausrufer beim Karussell im Prater, dem bekannten Vergnügungspark in Budapest. Gleichermaßen abstoßend wie auch anziehend arbeitet er für die „Liebesschaukel“. So wurden die Schiffsschaukeln mit den geschlossenen Kabinen bezeichnet, die sich gerne auch für ein schnelles erotisches Abenteuer eigneten. Der Vorstadt-Casanova ist allerdings in die Jahre gekommen. Seine Anziehungskraft schwindet. Der Draufgänger ist nicht mehr gefragt, seine Sprüche wirken übergriffig. Die junge Julie geht ihm auf den Leim, Liliom verführt sie. Aber auch seine Chefin Madame Muskat will ihn nicht loslassen und macht ihm seine neue „Rolle“ madig.
Und so entsteht eine mitunter auch verstörende Dreiecksgeschichte aus dem Jahrmarktsmillieu, die auch die Rollenbilder von „alten, weißen Männern“ im Jahrmarkttummel der Fantasien und der unterwürfigen und vermeintlich schwachen Frauen aufzeigt.
Liliom wird entlassen und verlässt mit Julie den Prater. Und über allem schwebt im Siebenachteltakt die Gipsypolka, die betrunken in einen Swing fällt, aus dem Hip-Hop im Balkan Beat wird ein Schrammelwalzer. Unzufrieden mit der Situation, überdrüssig von Julie, die überdies schwanger ist, fängt Liliom an zu saufen und spielen und wird letztlich zum Verbrecher. Er endet in der Halbwelt der Spieler und Kleinkriminellen und kommt bei einem Überfall zu Tode.
Doch noch ist das Stück nicht zu Ende: Überraschend die Auferstehung nach seinem Tod, denn was will der Himmel mit so „einem Fötus im erwachsenen Alter“. Er kehrt zurück, trifft nochmals auf Madame Muskat und muss sich entscheiden.
Er geht am Ende mit Julie und seinem Kind. Es gibt so manche ungeklärte Szene, die sich erst am Ende des Stückes auflöst: Zum Beispiel die Rolle der Tänzerin Julie, die während des ganzen Stückes stumm ist und nur ihr Ausdruckstanz erahnen lässt, was sie fühlt und denkt. Erst am Ende des Schauspiels wird klar, dass sie sprechen kann. Warum nicht früher? Weil es das nicht brauchte. Weil die beiden anderen so viel redeten und redeten und redeten, sodass für sie gar kein Platz dafür war.
Das Theaterstück des ungarischen Autors Ferenc Molnár entstand 1909 in der Endphase der österreichisch- ungarischen Monarchie. Es erzählt von einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, in der sich arme und ausgebeutete Menschen zu emanzipieren beginnen.
Ein letztes Mal wurde in Brennberg das Stück aufgeführt, mit der das „Straßentheater“ seit 2024 durch die Orte zog. Überraschend auch die Fassung mit der Live-Band „OYA“, die dafür eigens Stücke komponierte.
Die Musiker Stefan Mercurio (Schlagzeug/Stimme) und Yasar Özatar (Keyboard/Geige) von „OYA“ und von Simon Aigner am Bass begleitet ließen die Besucher mit ihren Gipsy-Polka, Swing und Schrammelwalzer in die richtige Jahrmarktstimmung kommen. Die drei Schauspieler Susan Hecker als Madame Muskat, Holdine Wolter als Julie und Mario Eick als Liliom überzeugten nicht nur in ihrem Schauspiel, sondern auch durch ihre stimmlichen Qualitäten und so gab es am Ende viel Applaus.
Unter den Gästen waren auch der zweite Bürgermeister von Wiesent, Ali Stadler, der Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung, Kurt Hillinger, und die Ministerialrätin Huberta Bock vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus. Beiden war es auch zu verdanken, dass das Theaterprojekt 2023 erstmals nach Brennberg kam und durch die Förderung „Regionalbudget“ waren auch 2025 sowohl die Theatervorstellung für die Kinder als auch die für die Straßenoper Liliom eintrittsfrei.
Für die Verpflegung der Gäste sorgte am Nachmittag wie abends die ehrenamtlichen Mitglieder des Kulturausschusses

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