Froschlaichsuppe unter Aufsicht
von Johann Festner
Josef Schindler stellte sein neues Buch „Im Kaff und am Huma“ im Bürgersaal vor
Der gebürtige Wörther Josef Schindler hat am Freitagabend im voll besetzten Bürgersaal aus seinem Buch „Im Kaff und am Huma“ vorgelesen. Er beschreibt darin augenzwinkernd seine Gymnasialzeit in Straubing. Schindlers Schulfreund Karl Dietl leitete die Kapitel mit passenden Liedern auf der Quetschn ein.Eine Bildungsbiografie sei es, sagte Josef Schindler über sein Buch. „Auch, wenn das geschwollen klingt“, fügte er hinzu. Aber um sich zu bilden, musste er erst einmal aufs Gymnasium kommen und dafür die Aufnahmeprüfung bestehen. Seine Mutter, schreibt Schindler, habe ihn dazu gedrängt, sich mit Übungsaufsätzen auf die Prüfung vorzubereiten. Seine Cousin Lorenz, der damals schon studierte, habe ihm die Themen dafür gestellt.
Buchstäblich Schwein hatte Schindler dann beim Aufsatzthema in der Aufnahmeprüfung. Gefordert war eine Erlebniserzählung mit dem Titel „Wie bei uns zu Hause ein Schwein geschlachtet wurde“. Und das hatte er auf dem Hof seiner Eltern oft genug miterlebt, „auch wenn mir die Viecher eher leidtaten“. Seine Mutter habe wohl dafür gebetet, dass ihm eine machbare Aufgabe gestellt werde, sagte Schindler. So gut sei der Aufsatz gelungen, dass er trotz eines Fehlers bei einer anderen Aufgabe – ausgerechnet im Rosenkranz, „und das an einer katholischen Schule“ – nach einem Prüfungstag schon bestand.
Fast alle Seminaristen kamen vom Land„Mia san vom Woid dahoam“: Mit diesem Lied leitete Schindlers Schulfreund und „Kultfaktor“ Karl Dietl, besser bekannt als der Wirts-Kare, zum nächsten Kapitel der Biografie über. „Mia san vom Woid dahoam“, das hätte eine ganze Reihe der jungen Bewohner des bischöflichen Knabenseminars über sich sagen können. Von 41 hätten „so 38, 39“ von Bauernhöfen und aus Arbeiterfamilien gestammt. „Aber es ist sehr relativ, was denn ein Waidla ist“, sagte Schindler. Die Falkensteiner und Wiesenfeldener hätten sich selbst durchaus zum Wald gezählt. Die Schüler von weiter nördlich, von einem Lehrer je nach Herkunft als Osserbüffel oder Arberbüffel bezeichnet, seien da freilich anderer Meinung gewesen.
„Ich war aber kein Waldbauernbub, sondern nur ein Bauernbub“, schreibt Schindler über sich selbst. Deswegen habe er auch nie beantragt, in den „Waidler- und Schnupferclub“ aufgenommen zu werden, auch wenn der eine eigene Hymne – das Tabaklied – hatte und seine Mitglieder zu den mutigsten Schülern zählen mussten. Ließen sie doch während des Unterrichts ihre Schnupftabaksdosen deutlich sichtbar auf der Schulbank liegen.
Vom Schnupfen ging es weiter zum Essen. Schindler unterhielt die Zuhörer mit dem Kapitel „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, in dem er die gefürchtetsten Gerichte im Seminar beschreibt. Er habe es einem Lateinlehrer gewidmet, der mit den Schülern darin übereinstimmt, dass die „Froschlaichsuppe“ mitnichten eine Delikatesse war. Da er sich standhaft geweigert habe, diese Suppe, „wohl eine Art Sagosuppe“, zu essen, sei dieser Lehrer grundsätzlich vom Rohrnudelessen am Freitag ausgeschlossen worden. Die Schüler hätten diese Entscheidungsmöglichkeit nicht gehabt. „Tatsächlich wäre ich lieber hungrig gewesen“, schreibt Schindler. An Froschlaichtagen habe der Präfekt den Buben beim Essen genau über die Schulter und in den Teller geschaut. Vom bloßen Klappern der Löffel habe er sich nicht täuschen lassen.
Der „Kommunist“ und seine Sprachleidenschaft Schindler las aus zwei Geschichten über seine Leidenschaft für die russische Sprache vor. Sie habe „teilweise eine Obsession mit den üblichen skurrilen Auswirkungen“ dargestellt. So sei in einer Ausstellung der Schule ein Linolschnitt Schindlers aufgetaucht, der ein Schiff namens „Wolga“ zeigte. Der Name war in kyrillischen Buchstaben geschrieben und noch dazu wehte auf dem Schiff eine Fahne mit Hammer und Sichel. Entgegen den scherzhaften Vorwürfen seiner Mitschüler, ein „Vaterlandsverräter oder Kommunist“ zu sein, habe er aber vorgehabt, „ein Spion des Vatikans zu werden“. Passend zu diesem Berufsziel habe er den Plan gehabt, Boris Pasternaks Roman „Dr. Schiwago“ in die Sowjetunion zu schmuggeln.
Als „sehr belesen, ein Sozi, ein Intellektueller“ erinnerte sich auch Johann Festner von Kultur in Wörth an Schindler. Sie hätten sich als Jugendliche bei den Leichtathleten kennengelernt. „Sag ihm nicht, welches Buch du liest – er hat es schon gelesen“ sei damals eine Art ungeschriebene Regel gewesen, sagte Festner. Später hätten sie im Bereich Kultur gelegentlich zusammengearbeitet. „Und dann hat er mir irgendwann Texte zum Korrigieren geschickt.“ Aus diesen Texten entstand Schindlers erstes Buch „Geschichten über Wörth“. Es sei gut angekommen, „nicht nur bei Wörthern“. „Und jetzt hat er es wieder getan“, sagte Festner. Und wenn der Abend im Bürgersaal als Maßstab gelten kann, dann wird auch dieses hier gut ankommen.
Nach der Lesung spielte der Wirts-Kare die Gäste hinaus. Manch einer nutzte die Gelegenheit, sich das Buch gleich dort noch zu kaufen und vom Autor signieren zu lassen.
[Bild und Text Maximilian Eibl, Donau-Post]