Endlich dürfen sie wieder

von Johann Festner

Susi & die Spiesser und Eva Karl-Faltermeier traten im Bürgersaal auf

Auf der Bühne hätte ein Jongleur stehen können, der einen einzigen Ball von einer Hand in die andere wirft – das Publikum wäre trotzdem gekommen. Einfach, weil überhaupt wieder irgendetwas los ist. Weil man wieder unter die Leute kommt, sich unterhalten kann, zwar maskiert, aber immerhin. Und wenn dann richtig gute Künstler auftreten, ist es noch einmal so schön.

Kultur in Wörth hat die Band Susi & die Spiesser und die Kabarettistin Eva Karl-Faltermeier in den Bürgersaal geholt, kurzfristig, innerhalb von zwei Wochen. Für alle Künstler ist es der erste Auftritt nach Monaten der Zwangspause.

Das Lächeln, das den ganzen Abend nicht von Susi Raiths Gesicht weicht, sagt alles. Endlich wieder spielen, endlich wieder auftreten ! Unter den Bandmitgliedern fliegen zwischen den Stücken die Frotzeleien hin und her. Klar, das gehört zum Programm, aber es wirkt nicht gespielt. Und sicher nicht gespielt sind die wortlosen Unterhaltungen, die die vier Musiker beim Spielen führen – hier ein Zwinkern, da ein breites Grinsen zum Nachbarn.

Die Band macht eine Musik wie Spare Ribs

Schon beim ersten Song klatscht das Publikum mit. Die selbst geschriebenen Stücke, ob mit bairischen oder englischen Texten, sind irgendwo zwischen Rock und Country einzuordnen. Man könnte sagen, eine Musik so gefällig wie Spare Ribs, einfach, aber einfach großartig, wenn sie richtig gemacht wird. Rhythmus und Melodien gehen vom Ohr direkt in den Körper und lassen die Füße zucken. Ein paar Zuhörerfüße wollen gar nicht mehr aufhören zu wippen, passen nur ihr Tempo mit jedem neuen Song an den Rhythmus an. Dass sie es durchaus komplizierter können, zeigen die beiden Gitarristen der Band, Jochen Goricnik und Jörg Willms, in ihren Soli. Goricnik wechselt gefühlt bei jedem Stück zu einer anderen Gitarre, Akustik-, E- oder Sologitarre, um seinen Hocker liegt ein kleines Arsenal bereit.

Sebastian Stitzinger nimmt sein Schicksal als einsamer Keyboarder unter Gitarristen die meiste Zeit mit Selbstironie, manchmal entflieht er ihm auch, indem er auf die Quetschn umsteigt. Susi Raith, wie ihre Kollegen sagen „irgendwie unsere Namensgeberin“, moderiert den Auftritt, ist das Gesicht der Band. Wie um das zu unterstreichen, trägt sie zu Beginn des Auftritts als einziges Bandmitglied keine Papiertüte auf dem Kopf. „Wir haben unsere eigene Lightshow mitgebracht“, lautet übrigens die skurrile Begründung für die Tüten.

Dass das Publikum trotz Aufforderung den Refrain von „Zwoa Zimmer, a Küch und a Bad“ nur zögerlich mitsingt, liegt sicher nicht an Raith, sondern daran, dass aus Sicherheitsgründen nur knapp 50 Gäste da sind. Und wenn es mit dem Singen auch zwickt, klatschen die Fünfzig am Ende für hundert.

Die Leiden der armen Oberpfälzer

Das Elend des Oberpfälzers im Allgemeinen und ihr eigenes im Besonderen stehen bei Eva Karl-Faltermeiers Auftritt im Zentrum. Ganz in Schwarz steht sie vorn, erzählt mit ruhiger, fast melancholischer Stimme von Nebel, Kälte, Feuchtigkeit und Ratten, von kleinen Dörfern, in denen jeder mit jedem verwandt ist. Wenige Gesten reichen ihr dafür aus, sie bleibt an ihrem Platz auf der Bühne stehen. Eine fast verzweifelte Begeisterung schwingt mit, als sie vom jährlichen Höhepunkt der Jugend ihrer Kunstfigur spricht – der Busfahrt nach Regensburg, weil die Mutter zur Krebsvorsorge muss. Dabei spielt sie mit Klischees – und bedient sie – aber so, dass es zum Lachen ist und nicht zum Ans-Hirn-Langen.

Ernsthafte Gesellschaftskritik kommt im Programm ebenfalls nicht zu kurz. Für ihre treffende, im Tonfall des gerechten Zorns vorgetragene Abrechnung mit der Gruppe der Facebook-Nutzer, die jeden harmlosen Post in eine politisch-verschwörungstheoretische Hexenjagd, Todesdrohungen eingeschlossen, verwandeln, bekommt Karl-Faltermeier Szenenapplaus.

Die Alternative Instagram mit ihrem Schönheits- und Selbstoptimierungswahn kommt nicht viel besser weg. Glaubwürdig spielt die Kabarettistin ihre Rolle als berufstätige, überforderte Mutter, die sich mit scheinbar perfekten Familien misst. Und selten hat es so viel Spaß gemacht, jemanden an einer Sache scheitern zu sehen.
[Text und Bild: Maximilian Eibl, Donau-Post]

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