Ein Stück mit Liebe zum Detail
von Gabriele Hollschwandner
Artikel von Resi Beiderbeck in der Mittelbayerischen Zeitung (Wörther Anzeiger) am Montag, 22.10.2018:
Theater Die ausverkaufte Premiere von “Arsen und Spitzenhäubchen” in Brennberg war ein voller Erfolg. 150 Gäste feierten das Ensemble.
Von Resi Beiderbeck
BRENNBERG. Regisseur Georg Blüml ist mit der “Brennbergischen Fassung” von “Arsen und Spitzenhäubchen” ein Meisterstück gelungen. Das Publikum war bei der Premiere am Freitag begeistert. Köstlich zu beobachten sind in ihrem rührend arglosen Agieren etwa die Polizisten Hundhammer (Stefan Schichtl), Feigl (Johannes Oettl) und Fröschl (Jakob Berg). Letzterer ist nebenberuflich Bühnenautor. Und so nutzt er den Fall, der sich auf der Bühne zuträgt, gleich zur Recherche für sein Kriminalstück “Blutiges Brennberg” und treibt damit den Theaterkritiker Wendelin Brezner (Toni Berg) schier in den Wahnsinn. Dabei hat der Brezner-Neffe ohnehin genug damit zu tun, seine ständig wechselnden Befindlichkeiten zu sortieren.
Leiche in der Fensterbank Gerade noch turtelte er noch mit der bezaubernden Pfarrersnichte und machte ihr im Überschwang der Gefühle sogar einen Heiratsantrag - und Minuten später packt ihn die schiere Panik, weil er eine mausetote Leiche in der Fensterbank entdeckt. Sein Entsetzen wird nicht geringer, als er erkennen muss, dass seine Tanten darüber kein bisschen verwundert, geschweige denn beunruhigt sind.
Gänzlich unberührt von wechselnden Moden tragen diese noch immer die schrillen Kleider der 70er-Jahre und auch das Interieur ihres Hauses ist eindeutig “Seventies”. In dieser grün-orangefarbenen Kulisse sprühen die wunderbar dargestellten Brezner-Schwestern Lisbeth (Olga Wanninger) und Annamirl (Renate Brandl) geradezu vor Menschenfreundlichkeit. In tief empfundener “Nächstenliebe” killen sie einen “möbilierten Herrn” nach dem anderen.
Wie geschickt sie dabei vorgehen, demonstrieren sie ungeniert an Herrn Klein (Hans Schreier). Ihre Opfer pflegen sie mit einer ganz speziellen Mischung ins Jenseits zu befördern: “Auf vier Liter Holunderwein nehmen wir einen Teelöffel Arsen, einen halben Teelöffel Strychnin und eine Prise Zyankali”, verraten sie treuherzig. Genau so gut verstehen sie sich aufs Backen, ist doch Monsignore Averbeck (Hans-Michael Schreier) nur wegen der wunderbaren Plätzchen ständig bei ihnen zum Kaffee und um die feine Quitten-Konfitüre zu verköstigen. “Wir tun immer ein Stückchen Apfel dazu, das nimmt den Quitten die Säure”, erklären die Tanten. Die Theaterbesucher können das selber probieren. Zu “blutrotem Hollerglühwein” werden “Quittenplatzerl” angeboten, gefüllt mit Konfitüre aus heimischen Früchten. Liebe zum Detail ist allgegenwärtig beim Burgtheater. Das reicht bis zur Prilblumen-Deko. “Nur so kann es ein stimmiges Gesamtbild ergeben” erklärt Regisseur Georg Blüml.
Schwierig war es, die Kulisse der Handlung anzupassen. Die Realisierung des komplizierten Bühnenbildes mit einem Fenster und vier Türen im stimmungsvollen, aber verwinkelten Burgstadl war anspruchsvoll. “Dennoch hat die Heldengemeinde Brennberg mit vereinten Kräften das Unmögliche geschafft: Wir haben ein Keller-, ein Erd- und sogar noch ein Obergeschoss”, lobt Blüml. Die im Hintergrund notwendige Konstruktion von Leitern und Hühnersteigen, um dieses Bühnenbild auch zu erschließen, ist durchaus abenteuerlich und verlangt den Darstellern geradezu akrobatische Fähigkeiten ab.
Furchterregende Maske Gruselig wird es, als der verschollen geglaubte Neffe Ludwig, alias “Blutwig”, auftaucht. Thomas Buchhauser - in der Maske bis zur Unkenntlichkeit verändert - verkörpert diese furchterregende Figur beeindruckend. Die Gefahr ist allgegenwärtig auf der Burgstadl-Bühne. Kann Dr. Süß (Irmgard Sauerer) dem Spuk ein Ende machen? Das werden die Besucher der so gut wie ausverkauften Vorstellungen am 27. und 28. Oktober, 3. und 4. November, erleben. Restplätze können bei der VG Wörth nachgefragt werden.
Die Inszenierung ist Teil der Veranstaltungsreihe Kultur.Erbe 2018 des Landkreises Regensburg. Schirmherrin Tanja Schweiger zeigte sich begeistert vom Esprit der Aufführung und vom Flair im Burgstadl, den in diesen Tagen Theaterluft umweht.