Die Suche nach den Eingeborenen
von Johann Festner (Kommentare: 0)
Klaus Schwarzfischer las im Bürgersaal aus „Waidler, Wölfe, Sensationen“
Wie viele echte Waidler werden bei der Lesung „Wölfe, Waidler, Sensationen“ am Sonntagabend im Bürgersaal wohl im Publikum gesessen sein ? Das ist schwer zu sagen, wenn man dem Autor Klaus Schwarzfischer glaubt. Ihm zufolge existieren nämlich nicht einmal Beweise, dass es überhaupt Waidler gibt.
Indizien, ja, die gibt es. Aber ob der Mann in Feuerwehruniform, der von seinem E-Bike halb begraben neben der Straße liegt und keinen verständlichen Satz herausbringt, ein Waidler ist ? Es könnte sich ebenso gut um einen Touristen handeln, der sich zur Tarnung umgezogen hat. Wenn aber Waidler existieren, dann lässt sich laut Schwarzfischer ganz genau sagen, seit wann: „Den Waidler gibt es seit drei Tagen nach dem Nichts. Denn dann schuf Gott die Bäume.“
Ohne Bäume geht es einfach nicht
Die Bäume tauchen in Schwarzfischers Lesung an diesem Abend immer wieder auf. Beispielsweise analysiert er den Text von „Mia san vom Woid dahoam“, nachdem er ein paar Takte mitgesungen und ihn dann vorgelesen hat. In dem Lied werde die Schönheit von Frauen danach bemessen, wie sehr deren Körperbau einem Nadelbaum ähnle, also „tonnen- bis kegelförmig“ – bestenfalls ungewöhnlicher Geschmack.
Selbst auf die Fußballplätze hätten es die Bäume in gewisser Weise geschafft, nämlich in die Fußballersprache. Je weiter man in seiner Jugend in den Wald hineingekommen sei, desto häufiger sei beim Fußball das Wort „hauen“ gefallen. Der Fan, der einen Spieler auffordert, einem Gegner den Haxen abzuhauen, übertrage seine Arbeit als Holzfäller auf das Spiel: Der Gegner ist ein Baum, den es umzuhauen gilt. Nur einen aber, nicht die ganze gegnerische Mannschaft. Denn stehen keine Bäume mehr, ist der Holzfäller arbeitslos.
Zwischen die Vorlesestücke baut Schwarzfischer Lieder ein, gern mit Filmen kombiniert. Manchmal lässt er den Film auch für sich selbst stehen, wie etwa Ausschnitte aus Lisa Eders „Der Wilde Wald“. Dass man den Wald nicht nur mit Wohlfühlmusik wie dem erwähnten „Mia san vom Woid dahoam“ in Verbindung bringen kann, zeigt Schwarzfischer mit dem Gangsta-Rap des Räubers Michael Heigl.
Vor dem Sprechgesang widmet sich Schwarzfischer noch der Sprachenkunde. Der Waidler – mal angenommen, es gibt ihn – spreche praktisch nicht, sagt Schwarzfischer. Das liege an seinem Selbstverständnis. „Der Waidler weiß, was er zu tun hat, warum drüber reden ?“ Ehepaare hätten jahrzehntelang ohne Worte und dennoch erfolgreich, vielleicht sogar glücklich, zusammengelebt. Dass sich an diesem Abend Waidler im Publikum befinden, ist wie gesagt schwer zu beweisen. Eins steht aber fest. Das Publikum weiß, was zu tun ist, wenn einem der Abend gefallen hat – nämlich kräftig applaudieren.
[Text Maximilian Eibl, Donau-Post; Foto Johann Festner]
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